Veranstaltung: | Landesparteitag |
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Tagesordnungspunkt: | Anträge |
Antragsteller*in: | LPT (dort beschlossen am: 26.10.2019) |
Status: | Eingereicht |
Beschlossen am: | 26.10.2019 |
Eingereicht: | 18.11.2019, 18:17 |
Antragshistorie: | Version 1 |
W 2NEU: Ja zu Klimaschutz, Menschenrechten und fairem Handel! Nein zum Mercosur-Abkommen!
Antragstext
Ja zu Klimaschutz, Menschenrechten und fairem Handel! Nein zum Mercosur-
Abkommen!
Wir Grüne setzen uns für fairen internationalen Handel mit ökologischen und
sozialen Standards ein.
Wir Grüne sprechen uns für internationalen Handel aus. Wir sind keine
Freihandelsgegner. Handel kann ökonomischen Wohlstand ermöglichen, Produkte für
viele Menschen zugänglich machen und unsere Gesellschaften global vernetzen.
Es reicht aber nicht mehr aus Handelspolitik nur über Exportzahlen und die
Absenkung von Zöllen zu definieren. Wir brauchen Standards für Klima-, Umwelt-
und die Verbraucher*innenschutz.
Ressourcenschonende Produktionsweisen und hohe Menschenrechtsstandards gehören
in moderne Handelsabkommen. Wir setzen uns deshalb u.a. für die Verankerung von
Arbeitsnehmer*innenrechten, wie bspw. durch die ILO Kernarbeitsnorm, in
Handelsabkommen ein.
Das von der EU, Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay angestrebte
Freihandelsabkommen Mercosur wird derzeit beraten. Werden die Beratungen
erfolgreich abgeschlossen und das Abkommen ratifiziert, entsteht die größte
Freihandelszone der Welt.
Wir Grüne sehen viele Chancen und Risiken.
Wir begrüßen, dass es gelungen ist den brasilianischen Präsidenten Bolsonaro in
den Mercosur-Verhandlungen auf das Pariser Klimaabkommen zu verpflichten. Wir
kritisieren jedoch, dass es nach dieser Vereinbarung keinen Kurswechsel in der
brasilianischen Klimapolitik gegeben hat und keine Möglichkeiten zur
Sanktionierung bei Verstößen vorgesehen sind. Die Pariser Klimaziele werden
untergraben.
Hauptprofiteure des Abkommens würden nach aktuellem Kenntnisstand die Auto-,
Maschinenbau- sowie die chemische und pharmazeutische Industrie sein. Wir
kritisieren, dass Zölle für co²-intensive Industrien gesenkt werden sollen,
große Industrieunternehmen in diesen Bereichen kurzfristige Gewinne erzielen
können, aber damit keine Verpflichtungen zur Umstellung ihrer Produktionsweise
einhergehen.
Wir Grüne lehnen die Anreize zur Massentierhaltung und eine Steigerung von
Tierexporten aus Brasilien nach Europa ab.
Die Herstellung von mehr landwirtschaftlichen Produkten für den europäischen
Markt fördert die Rodung von brasilianischen Wäldern. Deshalb fordern wir Grüne
verbindliche Klauseln für Naturschutz und eine nachhaltigere Landwirtschaft.
Gerade vor dem Hintergrund unserer eigenen Minderheitenpolitik sprechen wir
schleswig-holsteinische Grüne uns für den Schutz der indigenen Völker und ihrer
Lebensräume aus. Ein Freihandelsabkommen zum Vorteil der Europäer*innen und
einiger Weniger in den Mercosur-Staaten, darf nicht zur Bedrohung für indigene
Völker werden.
Das vorliegende Mercosur Abkommen entspricht nicht unseren Vorstellungen von
einem fairen und klimagerechten Handelsabkommen.
Wir fordern deshalb die Europäische Kommission, die Abgeordneten im Europäischen
Parlament, unsere Landesregierung sowie die Bundestagsabgeordneten dazu auf,
sich für einen Stopp des Mercosur-Abkommens in seiner aktuellen Form zwischen
der Europäischen Union und den Mercosur-Staaten einzusetzen. Stattdessen sollen
sich die enstprecheneden Akteure für ein erneutes Verhandlungsmandat bezüglich
eines Abkommens einsetzen, in welchem neben verbindlichen Regelungen zur
strikten Einhaltung der Menschenrechte ein wirksames Nachhaltigkeitskapitel zum
Schutz von Klima, Umwelt und Biodiversität verankert ist.
Der Grüne Landesvorstand wird aufgefordert zusammen mit anderen
Bündnispartner*innen, wie Umweltverbänden und Gewerkschaften gegen das Mercosur-
Abkommen aktiv zu werden und Informationsarbeit in Schleswig-Holstein zu
leisten.
Begründung
Nicht nur aufgrund der Amazonasbrände und der Wahl des rechtsextremen brasilianischen Präsidenten Bolsonaro steht das Freihandelsabkommen Mercosur im Fokus.
Im Rahmen des Abkommens sollen nach aktuellem Kenntnisstand über 90 Prozent der Zölle für zwischen der EU und Mercosur gehandelte Waren abgeschafft werden. In der Konsequenz werden die Auto- und die Zulieferindustrie sowie Maschinenbau-, Chemie- und pharmazeutische Industrie die größten Profiteure des Mercosur-Abkommens sein. Eben diese Industrien sind gleichzeitig aber für einen wesentlichen Teil der weltweiten, energiebedingten co²-Emissionen verantwortlich. Statt der dringend benötigten Nachhaltigkeitswende werden durch das Abkommen klimaschädliche Industrien über Handelserleichterungen gefördert.
Das passt weder zum Pariser Klimaabkommen noch zu den Nachhaltigkeitszielen der UN.
Des Weiteren sollen im Bereich des Agrarsektors die Zölle, bei gleichzeitig festgeschriebenen EU-Importquoten von Rind- und Schweine- und Geflügelfleisch, gesenkt, teilweise sogar abgeschafft werden. Das Freihandelsabkommen wird in Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay dazu führen, stärker auf Agrarexporte zu setzen und mehr zu produzieren.
Dies führt zu mehr Massentierhaltung unter hohem Einsatz von Antibiotika und gesundheitsgefährdenden Substanzen. In der Konsequenz werden für die Schaffung von Weideflächen weiterhin Wälder gerodet und indigene Völker bedroht und verdrängt werden.
Zwar ist im Mercosur-Abkommen ein Nachhaltigkeitskapitel enthalten, in dessen Rahmen verbindliche Klimaziele angegeben werden, doch ist eine Sanktionierbarkeit im Falle der Nichteinhaltung nicht gegeben. Vor dem Hintergrund der bisherigen massiven Umweltzerstörung durch Rodungen und Brände im Amazonas handelt es sich bei dem Nachhaltigkeitskapitel um einen zahnlosen Tiger.
Ein rechtsextremer Politiker wie Brasiliens Staatspräsident Bolsonaro ist durch seine Politik maßgeblich dafür verantwortlich, dass der für das Weltklima unersetzliche Amazonas fortwährend zerstört wird. Bolsonaro ist kein glaubwürdiger Partner, um die Klimaziele zu erreichen und fairen Handel zu vereinbaren.
Die EU muss sich für ein nachhaltig wirksames Schutzabkommen des Amazonas einsetzen und darauf hinwirken, dass Brasilien seinen Verpflichtungen im Kampf gegen die Abholzung im Amazonas-Gebiet nachkommt.
Statt die Verdrängung und Bedrohung indigener Völler durch intransparente Handelsabkommen zu befördern, muss die EU immer und überall die strikte Einhaltung der Menschenrechte zur Bedingung für Handelsgespräche machen.
Statt einem Abkommen, dass die Massentierhaltung fördert und unwirksame Bestimmungen hinsichtlich der Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen enthält, muss die EU rechtsverbindliche Vorgaben zur nachhaltigen Produktion und zu klimafreundlichen Handelswegen für Fleisch machen.
Das Mercosur-Abkommen widerspricht allen Grundsätzen umweltschonender und fairer Handelsbestimmungen und muss daher unverzüglich gestoppt werden.
Wir Grüne sollten dazu auf allen Ebenen mit Bündnispartner*innen aktiv werden. Die Debatten um das TTIP- und das CETA-Abkommen haben gezeigt, welche Kraft starke Bündnisse in der Handelspolitik entfalten können.
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